Wie Asbest eingesetzt wurde und wo er noch zu finden ist
Asbest ist ein natürlich vorkommendes, faserförmiges Mineral, das wegen seiner außergewöhnlichen Eigenschaften schon seit über zweitausend Jahren vom Menschen verwendet wird. Der Begriff leitet sich vom altgriechischen Wort asbestos für „unvergänglich“ ab. Tatsächlich ist das Mineral sehr beständig und langlebig.
Deshalb wurde es in Deutschland noch bis in die 1990er-Jahre hinein in vielen Produkten verwendet, größtenteils im Bauwesen. Doch auch in anderen Branchen, wie etwa im Maschinenbau wurde Asbest häufig verarbeitet.
Die gesundheitlichen Nebenwirkungen von Asbest waren schon lange bekannt, doch erst im Jahr 1993 führten sie zu einem endgültigen Verbot des krebserregenden Silikats. Heutzutage sind Herstellung, Wiederverwendung und Verbreitung von asbesthaltigen Produkten zwar untersagt, dennoch sind viele belastete Materialien immer noch nicht entsorgt. Schätzungen von Experten zufolge liegen bis zu 700 Millionen Quadratmeter Asbestplatten auf deutschen Dächern. Dieser Artikel soll Ihnen ein Bild darüber verschaffen, wie der gefährliche Stoff über die Jahrhunderte so breite Verwendung finden konnte, wie Sie Asbest erkennen und wie die Lage heutzutage ist.
Wie Asbest in Antike und Mittelalter eingesetzt wurde
Die erste schriftliche Erwähnung von Asbest lässt sich bis ins dritte Jahrhundert vor Christus zurückverfolgen. Der griechische Philosoph und Naturforscher Theophrast erwähnte das Mineral in einem Buch über Steine. Die ewige Flamme auf der Akropolis in Athen verfügte zu dieser Zeit über einen Docht aus Asbest.
Im alten Rom berichtete der Gelehrte Plinius der Ältere von Tüchern aus „unbrennbaren Leinen“, die bei Tisch verwendet wurden und durch das Feuer gereinigt werden konnten. Auch sprach er von Leichentüchern aus Asbestgewebe, die für Könige verwendet wurden. Nach der Einäscherung der Leichen konnte dank dieser Tücher die Asche der Körper einfach vom Übrigen getrennt werden. Aus dem ersten Jahrtausend nach Christus sind zahlreiche Berichte über Asbest von Europa bis China überliefert, wenngleich sich nur wohlhabende Menschen Produkte aus dem Material leisten konnten.
Zu Zeiten des Mittelalters ging das Wissen um die Herkunft von Asbest in Europa verloren. Zeitgleich entstanden Gerüchte, dass es sich bei dem Material um Schuppen von drachenartigen Reptilien oder sogar um Federn des Vogels Phönix handeln könnte. Einer Legende zufolge beeindruckte der spanische König Karl V. seine Gäste durch die Reinigung seiner Tischdecke im Feuer. Auch hier handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um asbesthaltiges Material.
Wie das Mineral im 20. Jahrhundert seine größte Verbreitung fand
In der Neuzeit fand das Silikat erstmals um das Jahr 1820 eine ernsthafte Anwendung, als die Asbestfasern zu feuerfester Bekleidung für Feuerwehrleute verarbeitet wurden. Kurz darauf folgten Anwendungen wie die Verwendung für feuerfeste Dächer oder Wärmedämmungen für Dampfmaschinen. Bald entdeckten die Weinhändler Theo und Geo Seitz die hervorragenden Filtrationseigenschaften von Asbestanschwemmfiltern und gründeten 1887 die Firma Seitz in Bad Kreuznach, die auf Filter spezialisiert war.
Im Jahr 1900 reichte der Österreicher Ludwig Hatschek ein österreichisches Patent für Eternit ein. Hatschek hatte entdeckt, dass Asbestfasern und Zement so gemischt werden können, dass eine unbrennbare Dacheindeckung aus Faserzement daraus entstand. Der Österreicher leitete damit die Hochphase von Asbest ein, während das stabile Silikat zur Herstellung einer Vielzahl von Produkten herangezogen wurde. Einige Beispiele sind Wellasbestplatten, Dachschindeln aus Faserzement, Rohre, Fassadenverkleidungen, Knöpfe und vieles mehr. In Deutschland wurde 1912 das Fulgurit-Werk für Asbestzement in Luthe gegründet, 1929 folgte die Deutsche Asbestzement AG in Berlin.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Asbest zur Herstellung von Getränkefiltern, Postsäcken, Fallschirmen für Bomben und sogar von Zahnpasta verwendet. Tragende Stahlelemente in Gebäuden wurden mit Spritzasbest zum Brandschutz verkleidet. In U-Booten und auf Schiffen fungierte die Faser zur Dämmung von Rohrleitungen.
Zudem fanden Asbestfasern Verwendung als Dämmstoff, als feuerfeste Zwischenlage für elektrische Abzweigdosen oder hinter Öfen, als Komponente von Dichtungen und Bremsbelägen sowie als feuerfeste Unterlage, etwa in Laboren. Auch Schweißgasflaschen enthielten damals eine Füllung aus porösem Asbest, in der das Schweißgas gelöst war. Heutzutage wird das Silikat in den Flaschen durch eine Kieselgurfüllung ersetzt.
Asbesthaltiges Talkum wurde auch als Füllstoff, Trenn- und Gleitmittel bei der Herstellung von Kabel-, Reifen- oder Gummiwaren verwendet.
Von den Gesundheitsgefahren bis zum endgültigen Verbot
Mit der zunehmenden Verwendung von asbesthaltigen Materialien stieg auch die Zahl der Erkrankungen, die durch die feinen Fasern hervorgerufen wurden. Schon um das Jahr 1900 wurde Asbestose als Krankheit entdeckt. Dabei handelt es sich um eine Vernarbung des Lungengewebes, die unter anderem zu Atembeschwerden führen kann. Schon im Jahr 1943 wurde Lungenkrebs als Berufskrankheit anerkannt, die als Folge von regelmäßigem Kontakt mit Asbest entstehen kann. Seit 1970 wird die Asbestfaser offiziell als krebserregend eingestuft. Dennoch wurde erst 1979 mit sogenanntem Spritzasbest das erste Asbestprodukt in der Bundesrepublik verboten.
Zu diesem Zeitpunkt fand Asbest schon in mehr als 3.000 Produkten Verwendung. Weitere Einschränkungen folgten, bis 1993 die Herstellung und Verwendung des gefährlichen Minerals in Deutschland grundsätzlich verboten wurden. In der Schweiz und Österreich war ein Verbot schon drei Jahre zuvor erfolgt. 2005 erfolgte ein Verbot für den gesamten EU-Raum.
Einem Sachbuch der Autorin Maria Roselli zufolge war massive Lobbyarbeit der Asbestindustrie dafür verantwortlich, dass es mehrere Jahrzehnte dauerte, bis der Entdeckung von asbestbedingten Gesundheitsgefahren ein Verbot des Stoffes folgte. Der Schweizer Verein „Arbeitskreis Asbest“ etwa hatte durch intensive Interessenvertretung im Auftrag der Zementindustrie die Klassifizierung von Asbest als Gift in der Eidgenossenschaft um ganze neun Jahre verzögert.
Wo Asbest heute noch zu finden ist und welche Gefahr davon ausgeht
Asbest hatte seine Hochphase als Bestandteil von Baustoffen vor allem in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Deshalb ist das Mineral auch heute noch in vielen in Bau- und Anlageteilen zu finden und stellt in Bestandsgebäuden einen der bedeutendsten Gebäudeschadstoffe dar.
Ein sehr verbreitetes Beispiel ist der asbesthaltige Faserzement, der als Wellasbest oder Asbestplatten bei vielen Dacheindeckungen und Außenwandverkleidungen Verwendung fand. Asbest-Dachplatten und Wellplatten auf Dächern und an Fassaden decken wissenschaftlichen Schätzungen zufolge noch immer bis zu 1,4 Milliarden Quadratmeter an Hochbauflächen in Deutschland ein. Auch in Bauteilen zum Brandschutz oder zur Dämmung ist Asbest heute teilweise noch vorzufinden.
Doch ein Asbestdach allein ist noch kein Grund zur Panik. In Faserzement liegt Asbest grundsätzlich in fest gebundener Form vor. Hierbei werden keine feinen Fasern in die Luft abgesondert, welche die eigentliche Gefahr für den Menschen darstellen. Erst wenn Faserzement stark verwittert oder mechanisch bearbeitet wird, können die unsichtbaren Fasern freigesetzt und eingeatmet werden. Aus diesem Grund sollten Sie niemals eigenmächtig Arbeiten an Materialien durchführen, die potentiell Asbest enthalten können.
Zudem kann es schwer sein, Asbest selbst zu erkennen. Ein guter Indikator ist das Baujahr: Häuser, die zwischen den 1960er und bis in die 1980er gebaut wurden, sind häufiger mit Asbest belastet als ältere oder neuere Häuser. Sind Sie unsicher, ob Sie Asbest richtig erkennen können, dann beauftragen Sie in jedem Fall Fachpersonal. Dieses kann auch bei der Asbestentsorgung Unterstützung leisten.
Was besagt die TRGS 519?
In diesem Abschnitt der Technischen Regeln für Gefahrenstoffe ist der Umgang mit Asbest geregelt. Hier steht, wie genau Sie Asbest erkennen können und wie der Vorgang der Asbestentfernung und Asbestentsorgung abzulaufen hat. Es ist klar festgehalten, welche Personen für welche Arbeitsschritte zuständig sind – Einzel- bzw. Privatpersonen wird ausdrücklich verboten, schwach gebundenes Asbest zu reinigen oder zu entsorgen. Ein Verstoß gegen das TRGS 519 zieht Geldstrafen nach sich.