Schwach gebundener vs. fest gebundener Asbest
Asbest wurde ehemals wegen seiner großen Hitzebeständigkeit und hervorragenden Dämm- und Schallschutzeigenschaften geschätzt. Erst später wurde entdeckt, dass das in zahlreichen Werkstoffen verwendete Mineral gefährliche Folgen für Mensch und Umwelt hervorruft.
Asbest ist in seiner Ursprungsform zunächst nicht gesundheitsschädlich. Gefährlich ist jedoch seine Aufspaltungseigenschaft. Das Material besteht aus vielen winzigen Fasern. Durch Witterung, Abnutzung oder äußere Einwirkungen werden diese nach und nach freigesetzt. Asbestfasern sind mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen, geruchsneutral und können daher unbemerkt in die Atemwege gelangen. Sind sie erst einmal in der Lunge angekommen, können sie weder abgebaut noch ausgeschieden werden. Dadurch verursachen die Fasern dauerhafte Reizungen des umlagernden Gewebes. Damit sind sie Ursache von Krankheiten wie Asbestose, die im schlimmsten Falle Lungen- und Bauchfellkrebs begünstigen.
Zwar ist Asbest inzwischen verboten, dennoch ist es nach wie vor in zahlreichen Gebäuden verbaut. Viele Eigenheimbesitzer wissen nicht um die Gefahr, die in ihrem Zuhause ruht. Bei eigenständigen Arbeiten rund ums Haus können daher leicht asbesthaltige Produkte beschädigt und die gefährlichen Fasern freigesetzt werden. Sanierungs- und Entsorgungsarbeiten asbesthaltiger Produkte dürfen daher nur vom Fachmann vorgenommen werden.
Doch wo in Ihrem Haus ist Asbest zu finden? Welche Arten von Asbest gibt es? Sind einige Bauteile stärker von Asbest belastet als andere? Wir möchten Ihnen einen Überblick über die Arten von Asbest und seine Verwendung innerhalb des Hauses geben, damit Sie sich vor gesundheitlichen Risiken richtig schützen können.
Welche Asbestarten gibt es?
Bei asbesthaltigen Werkstoffen werden grundsätzlich fest gebundene und schwach gebundene Asbestprodukte unterschieden. Die Unterscheidung erfolgt anhand des Asbestgehaltes und der Einbindung der Asbestfasern in die Werkstoffe.
Asbestbindung | Rohdichte kg/m³ | Asbestanteil | Bindemittel |
Fest gebundener Asbest (bspw. Asbestzement) | > 1.400 | 10 - 15 % | Zementbindung 85 - 90 % |
Mäßig bis fest gebnundener Asbest (asbesthaltige Kitte oder Kleber) | >1.000 und < 1.400 | 10 - 60 % | Polymere organische Bindemittel 40 - 90 % |
Schwach gebundener Asbest (Bspw. Spritzasbest) | <1.000 | > 60 % | Bindemittel unter 40 % |
Die Form der Asbestbindung ist maßgeblich für die Lebensdauer des Werkstoffes. Je nach Bindung wird die Abnutzung und damit die Freisetzung von gesundheitsschädlichen Asbestfasern von Witterung stärker oder schwächer beeinflusst.
Eigenschaften von schwach gebundenem Asbest
Produkte mit schwach gebundenem Asbest sind für Mensch und Umwelt besonders gefährlich. Der Asbestanteil in den Werkstoffen liegt meist bei über 60% und damit wesentlich höher als bei anderen Asbestprodukten. Die Asbestfasern können bei schwach gebundenem Asbest, etwa Spritzasbest, aufgrund ihrer wenig beständigen Bindung zudem leicht freigesetzt werden. Dies kann durch natürliche Abnutzungsprozesse geschehen, aber auch durch Bauarbeiten oder Erschütterungen.
Spritzasbest wurde hauptsächlich in zwei Verfahren angewendet. Beim Nass-Verfahren enthielt der Werkstoff einen Asbestanteil zwischen 20 und 40%, beim trockenen Verfahren sogar bis zu 90%. Als Weichasbesterzeugnis kam Spritzasbest jahrelang als Brandschutzmasse für Stahlskelettbauwerke zum Einsatz. Die prestigeträchtigsten Bauwerke waren unter anderem das World Trade Center in New York oder der Palast der Republik in Ost-Berlin. Letzteres wurde inzwischen umfassend saniert und von Asbest befreit.
Des Weiteren wurden schwache Asbestbindungen in Asbestleichtbauplatten, Asbestgeweben sowie asbesthaltigen Wand- und Bodenbelägen verwendet. Schwach gebundener Asbest kam insbesondere auch in Gipsen oder Putzen für Brandschutzzwecke zum Einsatz. Außerhalb des Hauses wurde Weichasbest in Dichtungs- und Filtermaterialien, Kupplungs- und Bremsbelägen, sowie Unterbodenschutzmassen in Autos verbaut. In der Textilindustrie wurde er außerdem für feuerfeste Schutzanzüge und in der Prozessverfahrenstechnik als Klär- und Filtermaterial eingesetzt.
Wo ist schwach gebundener Asbest zu finden?
Noch bis heute kann schwach gebundener Asbest an und in Gebäuden gefunden werden. Einige Bauteile sind dabei häufiger mit schwach gebundenem Asbest belastet. Die folgende Auflistung soll Ihnen einen Überblick geben, wo sich schwach gebundener Asbest im Gebäude befinden könnte:
Anwendungsgebiet des schwach gebundenen Asbests | verwendetes Bauteil |
Brandschutzvorrichtung | Füllmaterial für Brandschutztüren und Brandschutzklappen, Gipse und Putze |
Heizungsinstallationen | Heizungsisolation, Heizkessel-Dämmtechnik, Verkleidung von Nachtstrom-Speicheröfen, Elektroinstallationen |
Rohrleitungsverbindung | Dichtungsmaterial für Rohrleitungsflansche, Stopfbuchsenmaterial, Asbestschnüre und Asbestbänder |
Leichtbauplatten | Heizkörpernischen, unterhängte Decken, Brandschutzverkleidungen |
asbesthaltige Spritzbeläge und Platten | Schutzschichten auf Trägern, Streben und Stützen von stahl oder Stahlbeton, Fußbodenbeläge (Cushion-Vinyl-Beläge), Asbesthartfliesen |
Eigenschaften von fest gebundenem Asbest
Fest gebundener Asbest ist dagegen weniger gefährlich. Zum einen ist der Asbestanteil in den entsprechenden Produkten mit zehn bis 15 % wesentlich geringer und zum anderen ist dieser stärker gebunden. Daher kommt es zu geringerer und insbesondere späterer Freisetzung von gefährlichen Asbestfasern. Fest gebundener Asbest fand vor allem als Asbestzement Anwendung.
In den 1960er-Jahren wurde Asbestzement für Dach- oder Wellplatten, Rohre, Kabelkanäle oder Bodenbeläge verwendet. Des Weiteren kam er in verschiedenen Klebern wie Bitumenkleber zum Einsatz. Er wurde allerdings auch bei Sommerrodelbahnen, Minigolfbahnen oder Tischtennisplatten eingesetzt.
Solange die Produkte mit fest gebundenem Asbest frei von Abnutzung sind, besteht kaum Gefahr. Werden sie jedoch Witterung, thermischen oder mechanischen Einwirkungen ausgesetzt, können sich die Asbestfasern aus der Bindung lösen und in die Atemwege gelangen. Zudem sind Asbestzementdächer nicht begehbar. Ohne lastverteilende Maßnahmen besteht die Gefahr, durch das Dach zu brechen oder dieses zu zerstören woraufhin die gefährlichen Asbestfasern freigesetzt werden.
Wo ist fest gebundener Asbest zu finden?
Fest gebundener Asbest hat eine wesentlich höhere Lebensdauer als schwach gebundener Asbest. Asbestzement ist daher nach wie vor in vielen Häusern verbaut. Insbesondere kommt er in diesen Bauteilen vor:
Anwendungsgebiet des festgebundenen Asbests | verwendetes Bauteil |
Dachplatten, Fassadenelemente, Wandverkleidung | gewellte oder ebene Asbestzementplatten (eternitplatten oder Fulguritplatten) |
Dachdeckungen | Faserzementplatten, Dachschindeln |
Wasserleitungen | Asbestzementrohre für Frisch- und Abwasserleitungen |
Bodenbeläge | Bodenbelagsplatten (Vinyl-Asbest-Fliesen, Flexplatten) |
Kanalelemente | Lüftungs- und Heizungsbauelemente, Kabelkanäle |
Formstücke | Blumenkästen, Gartenmöbel, Tröge |
Schutzanstrichmasse und Kitte | Klebebefestigung von Elektroinstallationsmaterial auf Phenolharzbasis, Flächenkitte, Fugenkitte, Bitumenkleber |
Was ist zu tun, wenn Asbest im eigenen Haus vermutet wird?
Wenn Sie Asbest in Ihrem Eigenheim vermuten, sollten Sie einen Fachmann konsultieren. Asbesthaltige Produkte sind, wie oben beschrieben, nicht automatisch gesundheitsschädlich. Dennoch muss die Bausubstanz von einem Experten begutachtet werden. Sollten Sanierungsmaßnahmen von Nöten sein, dürfen diese ausschließlich von einem Fachmann vorgenommen werden. Dieser kümmert sich sowohl um den Ausbau der gefährlichen Teile als auch um die ordnungsgemäße und sichere Entsorgung.