Asbestplatten auf dem Dach: Wo ist Asbest enthalten?
Bis in die 90er-Jahre des vergangen Jahrhunderts hinein galten Dachplatten aus asbesthaltigem Zement als günstige wie unverwüstliche Alternative zum natürlichen Schiefer. Seit bekannt ist, wie schädlich Asbest für die Gesundheit sein kann, werden diese Asbestplatten von vielen Hausbesitzern jedoch als Fluch der Wirtschaftswunderjahre betrachtet.
Laut einer Untersuchung des Bayerischen Umweltamtes sind noch fast 1,4 Milliarden Quadratmeter Gesamtfläche im Hochbau in Deutschland mit dem krebserregenden Material belastet. Doch auch in anderen Baustoffen wurde Asbest wegen seiner hervorragenden chemischen und physikalischen Eigenschaften häufig verwendet. Der folgende Artikel soll Ihnen einen Überblick über die Produkte und Baustoffe geben, die mit Asbest belastet sein können.
In welchen Baustoffen und Produkten kann Asbest enthalten sein?
Asbest ist eine besonders strapazierfähige mineralische Faser, die jedoch Brustfellkrebs, Lungenkrebs, Asbestose und andere schwere Erkrankungen verursachen kann, wenn sie eingeatmet wird. Bis zu seinem vollständigen Verbot im Jahre 1993 wurde Asbest aber häufig in langlebigen Bauprodukten verwendet. Deshalb ist er noch heute in vielen deutschen Häusern und Haushalten in unterschiedlichen Verarbeitungsformen anzutreffen. Da Asbest extrem temperaturbeständig, nicht leitfähig und nicht brennbar ist, wurde er vornehmlich für Dämm- und Brandschutzprodukte verwendet. Oft lohnt sich deshalb ein genauerer Blick auf die Verwendungsart von verdächtigen Produkten, um deren potentielle Belastung richtig einschätzen zu können.
Baustoffe und Produkte mit schwach gebundenem Asbest
Grundsätzlich wird bei Asbestprodukten zwischen schwach- und festgebundenen Fasern unterschieden. Bei Produkten mit schwach gebundenem Asbest liegt der Asbestanteil meist bei über 60 Prozent, während die Dichte bei unter 1.000 Kilogramm pro Kubikmeter liegt. Problematisch sind Produkte wie Spritzasbest, in denen der Asbest schwach gebunden ist: Die feinen Asbestfasern können schon allein durch Erschütterung oder Alterung freigesetzt werden.
Spritzasbest wurde meist in Industriegebäuden und anderen Großbauten als Hitze- und Brandschutz auf tragende Stahlelemente aufgesprüht. Ein Verfahren, das heutzutage oft Anlass für aufwendige und kostspielige Sanierungsarbeiten liefert.
In seiner schwach gebundenen Form kam Asbest in diesen Baustoffen und Produkten zum Einsatz:
- Putzen
- Leichtbauplatten (Heizkörpernischen, Wand- und Deckenplatten)
- Elektroinstallationen (Heizkessel, Nachtspeicheröfen)
- ältere Elektrogeräte (Toaster, Elektrogrill, Haartrockner, Bügeleisen)
Auch Vinyl-Bodenbeläge, insbesondere aus den 1960er-Jahren (Cushion-Vinyl-Beläge), können eine Trägerpappe enthalten, die zu 90 Prozent aus schwach gebundenem Asbest besteht. Doch auch für Fachleute sind die Unterschiede zwischen verschiedenen Bodenbelägen oft nicht einfach festzustellen. Auf den ersten Blick können die Cushion-Vinyl-Beläge leicht mit unbedenklichen PVC-Fußböden mit Jutefilz-Unterseite verwechselt werden. Daher empfiehlt sich im Verdachtsfall immer die Materialanalyse durch ein Labor.
In welchen Produkten und Baustoffen fest gebundener Asbest vorkommt
Weniger bedenklich ist Asbest in seiner fest gebundenen Form, wie sie etwa in Asbestzement vorliegt. In solchen Produkten und Baustoffen ist Asbest bei einem Anteil von bis zu 15 Prozent und einer Dichte von mindestens 1.400 Kilogramm pro Kubikmeter fest gebunden.
Anwendung fand Asbestzement in folgenden Produkten:
- Dachplatten oder sogenannte Wellasbestplatten
- Rohre, Kabelkanäle und freistehende Formteile (beispielsweise Blumenkästen oder Gartenmöbel)
- Bodenbeläge, vor allem aus den 1960er-Jahren
- Vinyl-Asbest-Fliesen, sogenannte Floor-Flex- oder Flex-Platten
Grundsätzlich geht von Asbestzement und anderen fest gebundenen Asbestmaterialien keine Gefahr für die Gesundheit durch freigesetzte Asbestfasern aus, solange die Produkte intakt sind und sie keinen thermischen oder mechanischen Einwirkungen ausgesetzt werden. Wenn der Asbestzement jedoch bearbeitet oder zerstört wird (etwa durch Bohren, Schleifen, Sägen, Fräsen, Zerbrechen oder Zerschlagen der asbesthaltigen Baustoffe), sind wieder besondere Schutzmaßnahmen erforderlich. Selbes gilt für Arbeiten, bei denen Abrieb entsteht, wie etwa das Streichen oder Dampfstrahlen eines Asbestdachs.
Bei einem unsachgemäßen Umgang mit Asbestzementprodukten können große Fasermengen freigesetzt werden und in die Atemluft gelangen. Außerdem ist zu beachten, dass Asbestzementdächer grundsätzlich nicht begehbar sind. Ohne zusätzliche lastverteilende Vorkehrungen besteht einerseits die Gefahr des Durchbrechens und Abstürzens. Andererseits werden durch ein unbeabsichtigtes Brechen der Asbestplatten wiederum gefährliche Fasern freigesetzt.
Informieren Sie sich vor Umbauarbeiten unbedingt über Asbest
Heutigen Immobilienbesitzern ist meist nicht bekannt, wo Asbest verbaut sein könnte. Vielen ist die Diskussion um den Gefahrenstoff aus den Zeiten vor dem endgültigen Verbot entweder nicht bekannt oder nicht mehr präsent. Hinzu kommt, dass viele überhaupt nicht wissen, wie und woran sie asbesthaltige Produkte erkennen können. Dies führt bei privat durchgeführten Umbau- und Sanierungsarbeiten häufig zu dem Problem, dass unfreiwillig Asbest freigesetzt wird. Deshalb ist es umso wichtiger, sich vor anstehenden Maßnahmen eingehend über Asbest und die damit verbundenen Risiken zu informieren. Denn nur wer über das nötige Detailwissen in Zusammenhang mit Asbest verfügt, kann sich und sein Umfeld ausreichend vor diesem nach wie vor gefährlichen Werkstoff schützen.
Wann ist eine Asbestsanierung notwendig?
Im Unterschied zu schwach gebundenen Asbestanwendungen im Innenraum von Gebäuden besteht für Produkte aus Asbestzement – wie Asbestplatten – kein generelles Sanierungsgebot. Dennoch sollten sich Hausbesitzer in jedem Fall für eine Sanierung entscheiden, um langfristig den Werterhalt des Gebäudes und vor allem die Gesundheit der Bewohner zu sichern. Einhergehend mit den Sanierungsmaßnahmen am Dach kann zugleich eine neue Dämmung eingebaut werden. So werden nicht nur die gesundheitsgefährdenden Bauteile ausgetauscht, sondern zusätzlich die Energiewerte des Hauses verbessert. Entscheiden Sie sich für eine energetische Sanierung im Zug der Asbestentfernung, können Sie außerdem von verschiedenen Fördermitteln profitieren.
Sollten Sie den Verdacht hegen, dass asbesthaltige Baustoffe in Ihrem Eigenheim verbaut sind, sollten Sie unbedingt einen zertifizierten Sachkundigen für Asbest hinzuziehen. Dieser kann eine Bewertung des baulichen und technischen Zustands Ihres Gebäudes vornehmen und Sie bei der Sanierung beraten.