Asbestexposition: Welches Risiko besteht?
Bereits seit über 20 Jahren ist es in Deutschland verboten, Asbest herzustellen oder zu verbreiten. Der Grund dafür ist seine nachgewiesene krebserregende Wirkung, die durch Einatmung der feinen Faser ausgelöst werden kann. Trotz des Verbotes ist die Gefahr aber nach wie vor nicht gebannt.
Denn in zahlreichen Gebäuden sind weiterhin asbesthaltige Werkstoffe verbaut, deren Entfernung nicht von dem Verbot betroffen ist. Doch wie groß ist die potentielle Gefahr tatsächlich, die von diesen Bauteilen ausgehen könnte? Und wer ist diesem Risiko der Asbestexposition ausgesetzt?
Warum gilt Asbest als gesundheitsgefährdend?
Asbest ist ein natürlich vorkommendes, faseriges Silikat-Mineral, das extrem hitzebeständig, nicht brennbar und säurebeständig ist sowie optimale Dämmeigenschaften und eine hohe Reißfestigkeit besitzt. Aus diesen Gründen galt der Stoff als besonders beliebt in der Industrie und im Baugewerbe. Vielseitige Anwendung fand er vor allem in Form von Asbestzementprodukten wie Dachplatten oder Wandverkleidungen.
Es ist die charakteristische Faserstruktur, die Asbest so gefährlich macht. Denn bei mechanischer Einwirkung spalten sich die Fasern immer weiter auf, bis sie nur noch wenige Mikrometer klein und mit dem bloßen Auge nicht mehr sichtbar sind. In diesem Zustand können sie in die Atemluft und schließlich in die Lunge gelangen, wo sie sich im Gewebe festsetzen. Dort können sie vom Körper nicht abtransportiert werden und eine Asbestose auslösen. Bei der Asbestose handelt es sich um eine Verhärtung des Lungengewebes, die das Risiko für eine Lungenkrebserkrankung deutlich erhöht.
Neben der Asbestose, die auch unter dem Namen „Asbeststaublunge“ bekannt ist, sowie dem Lungenkrebs können außerdem Brust- und Rippenfellkrebs, Kehlkopfkrebs oder gar Tumore am Herzbeutel oder Bauchfell auftreten. Zusätzlich erhöht ist das Lungenkrebsrisiko bei Rauchern. Seit dem Jahr 1970 gilt Asbest offiziell als karzinogen, also krebserregend.
Kann Asbest im Körper nachgewiesen werden?
Über die Entnahme von Proben aus dem Lungenschleim kann nachgewiesen werden, ob die betroffene Person Asbeststaub ausgesetzt war. Dafür wird entweder eine Lungenspiegelung gemacht oder ausgehusteter Auswurf untersucht. Allerdings lassen sich Asbestkörperchen in der Lunge nur nachweisen, wenn der Betroffene über einen längeren Zeitraum einer Asbestexposition ausgesetzt war.
Wer ist dem Risiko einer Erkrankung durch Asbest besonders ausgesetzt?
Seit dem Asbestverbot 1993 ist das Risiko einer Asbestexposition deutlich minimiert, denn auch im Arbeitsumfeld kommen kaum noch Menschen mit dem Gefahrenstoff in Verbindung. Dennoch werden jährlich noch immer mehrere tausend Krankheitsfälle gemeldet. Das liegt an der bis zu 30 Jahre andauernden Latenzzeit der Asbestose: Wer bis zum Verbot über längere Zeit Asbestfasern ausgesetzt war, etwa im Arbeitsumfeld, kann jetzt an den Spätfolgen leiden. Experten gehen davon aus, dass die Anzahl der Erkrankungen bis 2020 weiter steigen wird.
Seit 1943 gilt Asbestose als anerkannte Berufskrankheit, die unter anderem bei folgenden Arbeitsbereichen auftreten kann:
- Herstellung und Verarbeitung von Asbesttextilien
- Asbestaufbereitung, Bearbeitung sowie Reparatur von Asbestzementprodukten
- Herstellung, Anwendung, Ausbesserung asbesthaltiger Spritzmassen bei Dämmungen
- Herstellung und Verarbeitung von Gummi-Asbestprodukten sowie asbesthaltigen Pappen, Papieren und Filzmaterialien
- Verwendung von Produkten mit Asbestzusatz wie Putze, Anstrichstoffe, Bodenbeläge, Dichtungsmassen
Heutzutage existieren diese Arbeitsbereiche aufgrund des Verbotes nicht mehr, allerdings sind Arbeitnehmer spezieller Unternehmen noch immer während ihrer Arbeit Asbeststaub ausgesetzt. Dabei handelt es sich um Spezialfirmen, die für Sanierungs-, Instandhaltungs- und Abbrucharbeiten von asbesthaltigen Werkstoffen zuständig sind. Doch müssen diese bei der Arbeit sehr strenge Auflagen erfüllen – so etwa Schutzkleidung und Atemschutz tragen, die asbesthaltigen Produkte luftdicht versiegeln und weitere Schutzvorkehrungen einhalten, um das Risiko der Faseraufnahme für sich selbst und andere Menschen auf ein Minimum zu reduzieren.
Wie gestaltet sich die Gefahr bei Asbestexposition für Privatpersonen?
In Deutschland gilt zwar ein Verbot für die Herstellung und Verbreitung von Asbest, doch ist das Mineral immer noch allgegenwärtig. Es besteht nämlich kein Sanierungsgebot für festgebundene Asbestprodukte – ein Austausch dieser Bauteile ist also nicht verpflichtend. Anders in den Nachbarländern der Bundesrepublik: In den Niederlanden beispielsweise müssen alle mit Asbest belasteten Gebäude bis 2024 saniert werden. Ab diesem Jahr sind Asbestabfälle nämlich generell verboten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein solches Verbot auch in Deutschland erlassen wird.
Zur Gefahr wird der Stoff erst dann, wenn Hausbesitzer nicht um seine Existenz in den eigenen vier Wänden wissen. Werden dann eigenmächtig Heimwerkerarbeiten ausgeführt, etwa an Wandbekleidungen oder am mit Asbestplatten eingedeckten Dach, kann es völlig unbemerkt zur Freisetzung der gefährlichen Fasern kommen. Sind Sie Besitzer eines Haus, das vor dem Verbot erbaut wurde, sollten Sie daher von Arbeiten am Gebäude absehen und sich stattdessen an einen Sachverständigen wenden. Er wird Ihr Haus eingehend untersuchen und gegebenenfalls Materialproben entnehmen. Im Labor kann dann festgestellt werden, ob tatsächlich eine Asbestbelastung vorliegt.
Asbestexposition: Wie Sie sich bei Berührung mit Asbest verhalten sollten
Im privaten Umfeld kann es zu einer Asbestexposition kommen, wenn bei Heimwerkerarbeiten Bauteile beschädigt werden – insbesondere durch Bohren oder Sägen sowie unsachgemäßen Ausbau können große Mengen der Faser freigesetzt werden. Ob diese Exposition gesundheitliche Folgen hat, ist in der Regel erst einige Jahrzehnte später absehbar. Dennoch müssen Heimwerker, die versehentlich asbesthaltige Gebäudeteile bearbeitet haben, nicht gleich in Panik geraten. Eine einmalige im Privatbereich auftretende Belastung ist kaum vergleichbar mit der jahrelangen und wiederkehrenden Belastung im beruflichen Umfeld.
Laut Deutschem Krebsforschungszentrum (dkfz) ist es im Nachhinein nur schwer zu beurteilen, ob es bei privaten Heimwerkerarbeiten zu einer Asbestexposition kam und wie hoch diese Belastung ausfällt. Denn im Lungenschleim sind diese Fasern bei einmaliger Einatmung noch nicht nachweisbar. Hier sollte schnell gehandelt werden: Ein Fachmann kann durch eine Messung der Umgebungs- und Raumluft die Faserkonzentration messen. Dieses Verfahren ist allerdings zeit- und kostenaufwendig, daher empfiehlt sich in den meisten Fällen die Entnahme einer Materialprobe durch den Fachmann.
Anhand dieser Probe kann festgestellt werden, wie hoch der Asbestgehalt ist und ob es sich um fest oder schwach gebundene Produkte handelt. Bei letzteren ist eine Faserfreisetzung schon durch Erschütterungen möglich. Sollte eventuell eine längere Asbestexposition vorliegen, wenden sich Betroffene zunächst an ihren Hausarzt, der im Zweifelsfall an einen Lungenspezialisten überweist. Die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung ist bei einer häuslichen Belastung allerdings gering. Wer dennoch langfristig in einem gesundheitlich unbedenklichen Haus leben und dessen Werterhalt sichern möchte, sollte in naher Zukunft eine Sanierung vornehmen.