Asbestzement vs. Spritzasbest: Wo liegen die Unterschiede?
Unter die Sammelbezeichnung "Asbest" fallen unterschiedliche mineralische, natürlich vorkommende Silikatfasern. Der Begriff stammt aus dem Griechischen; übersetzt bedeutet er soviel wie „unvergänglich“.
Die Verwendung von Asbest in der Vergangenheit
In der Vergangenheit wurde Asbest häufig als „Wunderfaser“ bezeichnet: Er ist säure- sowie hitzebeständig, kann ausgezeichnet dämmen und eine hohe Festigkeit vorweisen. Aufgrund dieser positiven Eigenschaften wurde die Substanz im vergangenen Jahrhundert in der Gebäudebekleidung, Wärmedämmung, Schifffahrt, Autoindustrie sowie im Bereich der Arbeitsschutztextilien eingesetzt. Insbesondere Weißasbest (Chrysotil) und Blauasbest (Krokydolith) fanden in zahlreichen Bereichen Anwendung.
Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Staublungenerkrankung – auch Asbestose genannt – entdeckt. 1943 erkannten Experten, dass Lungenkrebs eine der Folgen vom Kontakt mit den gefährlichen Fasern ist. Doch erst ab den 1970er-Jahren wurden die Fasern tatsächlich als krebserregend eingestuft. Schließlich trat 1993 das deutschlandweite Verbot zur Verwendung von Asbest in Kraft, seit 2005 besteht ein EU-weites Verbot.
Was ist Asbestzement?
Bei Asbestzement handelt es sich um Asbestfasern in fest gebundener Form: Hierbei werden die Fasern von herkömmlichem Zement vollständig umfasst. Der Asbestanteil liegt bei zehn bis 15 Prozent, zusätzlich weist er eine Dichte von mindestens 1.400 Kilogramm pro Kubikmeter auf.
Wofür wurde Asbestzement verwendet?
Im vergangenen Jahrhundert wurde Asbestzement bevorzugt für den Gebäudebau verwendet; so wurden beispielsweise Dächer mit Wellplatten bekleidet. Auch für die Herstellung von Bodenbelägen war der Baustoff im Einsatz: In Flex-Platten waren damals rund 15 Prozent asbesthaltige Fasern enthalten – wurde zusätzlich Bitumenkleber eingesetzt, stieg das Gesundheitsrisiko für den Menschen. Darüber hinaus war Asbestzement in Rohren für beispielsweise Abluft und Abwasser enthalten.
Welche Gefahr geht von Asbestzement aus?
In der Regel sind der Zement und ähnliche fest gebundene asbesthaltige Produkte harmlos für den Menschen. Freigesetzt werden die enthaltenen Fasern nur, wenn der Zement mechanischen oder thermischen Einflüssen ausgesetzt oder wenn er stark abgenutzt wird.
Dies geschieht beispielsweise, wenn bei einer Dach- oder Fassadensanierung eines Gebäudes der Asbestzement bearbeitet wird – das bedeutet, wenn er gesägt, geschliffen, gebohrt oder zerschlagen wird. In diesen Fällen können große Mengen von Asbestfasern freigesetzt werden, die schnell in die Atemwege und anschließend in die Lunge gelangen. Haben sich die Fasern in der Lunge festgesetzt und das Gewebe ausreichend gereizt, entsteht daraus eine Verhärtung – die sogenannte Asbestose, die unter anderem Atemnot und schweren Husten verursacht.
Was ist Spritzasbest?
Spritzasbest zählt zu den weichen Asbestprodukten – die Fasern in diesen Erzeugnissen sind schwach gebunden. Der Asbestanteil beträgt mehr als 60 Prozent, die Dichte befindet sich unter 1.000 Kilogramm pro Kubikmeter. Spritzasbest ist also leichter, dafür jedoch asbesthaltiger als Asbestzement.
Wie wurde Spritzasbest eingesetzt?
Am häufigsten wurde Spritzasbest eingesetzt, um Dächer, Wände sowie Decken von innen zu beschichten. Außerdem wurden damit Schächte und Kanäle abgedeckt sowie Bauteile ummantelt. Auch für den Brand- und Hitzeschutz spielte der Stoff eine große Rolle: In Brandschutzkleidung sowie in Abdeckungen für Nachtspeicheröfen oder Heizkesseln fanden sich nicht selten asbesthaltige Fasern.
Wie gefährlich ist Spritzasbest?
Da Spritzasbest eine der gefährlichsten Asbestformen ist, ist das Produkt bereits seit 1979 in Deutschland verboten. Schon die Alterung von Baustoffen oder eine leichte Erschütterung sind ausreichend, um eine Vielzahl der gefährlichen Fasern freizusetzen.
Das bedeutet: Bröckelt asbesthaltiger Putz ab, werden in diesem Prozess unzählige Fasern freigesetzt, die anschließend von Personen in der Umgebung eingeatmet werden. Sobald sich die Fasern in der Lunge befinden, verbleiben sie dort für immer – eine Ausscheidung oder Verdauung ist für den menschlichen Körper nahezu unmöglich.
Können Privatpersonen mit Asbest in Berührung kommen?
Bei Häusern, die vor 1990 erbaut wurden, ist die Wahrscheinlichkeit vergleichsweise hoch, dass asbesthaltige Baustoffe verbaut wurden. Handelt es sich dabei um die fest gebundene Form, ist dies für Privatpersonen relativ harmlos, sofern sich das gesamte Gebäude in einem intakten Zustand befindet.
Wurde allerdings im Putz, in den Leichtbauplatten oder in größeren Elektroinstallationen schwach gebundener Asbest verbaut, ist das Risiko einer Berührung mit Asbest deutlich höher. Auch Heimwerker, die Maßnahmen an einem asbesthaltigen Dach durchführen, können schnell mit dem gefährlichen Produkt in Kontakt treten.
Handelt es sich um einen einmaligen Kontakt, ist das Risiko einer Erkrankung relativ gering. Hinzu kommt, dass die gesundheitlichen Folgen erst nach vielen Jahren erkennbar sind. Besteht dennoch ein Asbestverdacht, sollte das Gebäude daraufhin überprüft werden.
Wann ist eine Asbestsanierung sinnvoll?
In Deutschland besteht bisher keine gesetzliche Regelung, dass Gebäude, bei denen der Asbestverdacht besteht, unbedingt saniert werden müssen. Das ist vor allem der Tatsache zu schulden, dass bei einer Sanierung gegebenenfalls mehr Fasern freigesetzt werden als von den eingebauten Baustoffen.
Ob ein Objekt saniert werden muss, sollte von zertifizierten Experten überprüft werden – diese verfügen über eine Zulassung nach Nr. 2.7 der Technischen Regel für Gefahrstoffe 519 (TRGS 519). Die Sachkundigen untersuchen den baulichen sowie technischen Zustand der Gebäude und entscheiden sich anschließend für oder gegen eine Sanierung.
Was müssen Hausbesitzer bei der Sanierung berücksichtigen?
Eigenheimbesitzer sollten eine Sanierung nie in Eigenregie durchführen – zum einen gefährden sie aufgrund fehlenden Wissens und nicht vorhandener Schutzkleidung ihre Gesundheit. Zum anderen machen sie sich insbesondere mit der Asbestentfernung und -entsorgung nach § 326 des Strafgesetzbuchs strafbar. Deshalb sollte für die Asbestsanierung stets ein fachkundiges Unternehmen beauftragt werden.
Berücksichtigen sollten Hausbesitzer vor allem folgende Punkte:
- Das zuständige Gewerbeamt muss spätestens sieben Tage vor Sanierungsbeginn über die geplanten Maßnahmen informiert werden.
- Alle Maßnahmen müssen unter Beachtung von TRGS 519 durchgeführt werden.
- Die Hausbesitzer sollten sich nachweisen lassen, dass es sich bei den Arbeitern um geschultes Personal handelt.
- Asbestprodukte dürfen keinesfalls zerstört werden, da so Fasern freigesetzt werden.
- Bei einer länger andauernden Sanierung sollten Hausbesitzer über den vorübergehenden Umzug in eine andere Unterkunft nachdenken.